Hundertwassers Kommentar zum Werk

Ich male oft auf der Reise, und dafür grundiere ich ein Packpapier oder Zeichenpapier mit Kreide und falte es vierfach oder achtfach zusammen, so daß das Papier eine möglichst kleine Fläche einnimmt. Das gefaltete Papier stecke ich dann in die rechte Rocktasche und die Aquarellfarben in die linke, und wenn ich irgendwo Zeit habe - wenn ich warten muß, zum Beispiel bei einem Konsulat auf ein Visum oder im Kaffeehaus auf eine Dame - dann nehme ich das Papier heraus. Ich will ja nicht sehr auffallen. Wenn ein Maler irgendwo im Kaffeehaus ein großes Papier ausbreitet und zu malen beginnt, so fällt das furchtbar auf. Wenn dagegen jemand nur ein Stückchen Papier herausnimmt, das so ausschaut - nicht größer als ein Briefumschlag -, so glauben die Leute von weitem: Der Mann schreibt einen Brief oder schreibt eine Postkarte. Und dazu bestelle ich ein Glas Wasser und male dann auf dem Teil, der mir gerade zugekehrt ist. Und wenn ich dann in einem anderen Kaffeehaus bin, schlage ich das Papier anders auf - aber wiederum in einer kleinen Fläche. So komme ich oft nicht dazu, die ganze Fläche zu sehen; ich kann das Papier ja erst auffalten, wenn ich zu Hause bin und dann mit Ruhe das Ganze betrachte. So entstehen oft seltsame Dinge. Bei diesem Bild sieht man ganz deutlich, daß ich vier einzelne Teile unabhängig voneinander gemalt habe. Ich bin dabei schon bestrebt, daß das Ganze eine Einheit wird - das heißt also: Wenn ich einen Teil male, stelle ich mir vor, was auf dem anderen schon entstanden ist, und versuche das fortzusetzen. An den Randpunkten mache ich mir auch Zeichen, damit ich weiß, wo ich wieder einsetzen muß. Und trotzdem ist dann das Gebilde, wenn ich das Papier einmal ganz auffalte, so seltsam, daß es mich selbst in Erstaunen versetzt. Ich weiß dann wirklich nicht, wie ich es betiteln soll. Die verschiedenen Titel für dieses Bild haben verschiedene Leute gegeben. Von mir stammt nur "Garten im Regentropfen". "Theater", "Kabine" und "Maul" stammen von anderen Leuten. (aus: Hundertwasser, Buchheim Verlag, Feldafing 1964 und Ausg. 1973, S. 28)Auf dem Weg nach Anguillara Sabazia am Lago di Bracciano, wo ich bei Alberigo Bruni, einem Freund und Inhaber der Galleria Medusa in Rom, eingeladen war. Es wurde Abend, und es war viel Schnee, da dachte ich, eine Nacht zu bleiben und zu malen, was ich vom Fenster aus sah. (aus: Hundertwasser 1928-2000, Catalogue Raisonné, Bd. 2, Taschen, Köln 2002, S. 447)