Hundertwassers Kommentar zum Werk

Das Bild ist mir ziemlich nahe - ich freue mich jedesmal, wenn ich etwas Neues erfinden kann: Das war in Sottomarina, und ich ging über eine Brücke, und plötzlich sah ich Radfahrer mit Sonnenbrillen entgegenkommen, und da entdeckte ich ganz plötzlich die Brillen, so als ob ich die Brille früher gar nicht gesehen hätte. Das war für mich die Entdeckung der Brillen überhaupt. Von dem Tag an sehe ich die Brillen nur noch als Spiralen und als etwas unheimlich Magisches, sozusagen als magische Instrumente, durch die man hindurchsehen kann, durch die man die Welt anders sieht - ja, ich glaube, man kann Bücher über Brillen schreiben. Natürlich ist die Brille auch eine Maske, die die Augen verdeckt. Für mich ist die Brille fast mehr wert als die Augen selber, das heißt, die Brille ist ein Gegenstück zum Auge, gleichberechtigt mit dem Auge. Und dazu kommt hier der "Nasenfluß". Ich habe die Nasen immer als Fluß dargestellt. Tatsächlich rinnt ja in der Nase immer etwas herunter, und da ein Fluß ja blau ist, male ich die Nasen immer blau. Unten ist der Mund als Boot: das Mundboot. Für mich sind die Münder den Booten gleich - schon durch die Form. Da sind also drei Symbole im Bild: die Spiralbrille, der Nasenfluß und das Mundboot. Und dann noch das Symbol des Gartenzaunes ... was das bedeutet, weiß ich selber nicht. Dann ist noch interessant, daß das Gesicht in ein Quadrat hineingepreßt wurde. Ich will im Grunde keine menschliche Gestalt mehr und kein menschliches Antlitz mehr darstellen, und es ist trotzdem eins. (aus: Hundertwasser, Buchheim Verlag, Feldafing 1964 und Ausg. 1973, S. 32)